- Orgelbewegung
- Ọrgelbewegung,Reformbewegung zur Erneuerung der Orgelbaukunst nach Vorbildern aus der Zeit vor Mitte des 18. Jahrhunderts - Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zog der Elsässer A. Schweitzer, unterstützt von Émile Rupp (* 1872, ✝ 1948), die Allgemeingültigkeit des spätromantischen Orgelideals in Zweifel und gab den Anstoß zu einer Reformbewegung (»Elsässische Orgelreform«). Zur Revision der spätromantischen Vorstellungen von Orgelbau und Orgelspiel wurde Schweitzer einerseits durch die Klangwelt der polyphon geprägten Orgelwerke J. S. Bachs veranlasst, andererseits durch die im Elsass aus dem 18. Jahrhundert noch vorhandenen Werke der Straßburger Orgelbauerfamilie Silbermann und die um die Mitte des 19. Jahrhunderts erbauten Orgeln von A. Cavaillé-Coll, die gegenüber der orchestral geprägten deutschen »Fabrikorgel« mit dumpfem Klang und exzessiver Dynamik klanglich ein klassisches Maß an Gleichgewicht verkörpern. Nach dem Ersten Weltkrieg griff die Bewegung auf Deutschland über. 1921 ließ W. Gurlitt durch Oscar Walcker (* 1869, ✝ 1948) für das Musikwissenschafte Institut der Universität Freiburg im Breisgau die so genannte Praetorius-Orgel erbauen, nach einer Disposition aus dem »Syntagma musicum« (1619) von M. Praetorius. Forderungen der Orgelbewegung, u. a. durch C. Mahrenholz in die Praxis umgesetzt, waren: Rückkehr zur Tonkanzellen-Windlade, logische Verteilung der Teilwerke der Orgel und ihre Einfassung in ein Gehäuse (Werkprinzip), Disposition der Register auf akustisch logischer Grundlage (Dispositionsprinzip), erneute Wertschätzung der mechanischen Spieltraktur. Seit den 1960er-Jahren sucht die Orgelbewegung den Anschluss an das zuvor verpönte 19. Jahrhundert und die Öffnung zur Orgelmusik der Gegenwart.A. Schweitzer: Dt. u. frz. Orgelbaukunst u. Orgelkunst (1906, Nachdr. 1983);H. H. Eggebrecht: Die O. (1967);Aspekte der O., hg. v. A. Reichling (1995).
Universal-Lexikon. 2012.